Trautes Heim, Glück allein?
Vielen Menschen gehen ihre eigenen vier Wände über alles: „My home is my castle“. Ich muss gestehen, dass auch für mich meine Wohnung ein Ort des Wohlbefindens und der Regeneration ist. Die Ursache für diesen Rückzug ins Private liegt wohl auch darin, dass die Welt bedrohlicher geworden ist: Pandemie, Kriege, Terrorwarnungen, Naturkatastrophen. Da möchte man die Wohnungstür schließen, die Decke über den Kopf ziehen und die „böse Welt“ einfach draußen lassen. Sicher verlangen uns auch Beruf, Familie und der Alltag allgemein ein Übermaß an Energie ab. Und sicher hat auch die Spaßgesellschaft mit dem Hetzen von einem Event zum anderen zu dieser Gegenreaktion geführt.
Vergangenen Sonntag feierten wir Pfingsten. Die Jünger hatten sich nach Jesu Tod ins Private zurückgezogen. Sie harrten zusammen mit Maria, der Mutter Jesu, verbarrikadiert hinter verschlossenen Türen aus. Zu groß war die Angst vor Spott und Verfolgung. Doch diese Männer und Frauen in der Gefolgschaft des Jesus aus Galiläa fingen wahrhaft Feuer. Denn „alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen in fremden Sprachen zu reden“ (Apg 2,4). So hörten wir es am Pfingstsonntag in der ersten Lesung. Aus Stummen wurden Begeisterte. Gottes Geist riss Fenster und Türen auf.
Und da wären wir wieder bei unserem trauten Heim. Nein, beim Glauben funktioniert der Rückzug ins Private nicht. Wenn ich von Gottes Liebe angesteckt bin, öffne ich meine Fenster und Türen. Mit Gott an meiner Seite nehme ich mein Leben in die Hand. Wer von seinem Geist erfüllt ist, spürt, dass sich innere Leere mit Liebe füllt, aus Angst Mut wird. Gestärkt vom Heiligen Geist bin ich bereit, „jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die mich erfüllt“ (1. Petr 3,15).
50 Tage nach Ostern feiern wir Pfingsten. Pfingsten ist ein Fest des Lebens. Haben wir Mut, aus unserem trauten Heim zu treten und miteinander Leben zu teilen, so wie wir in einem modernen Kirchenlied singen: „Gott gab uns Atem, damit wir leben. Er gab uns Augen, dass wir uns sehn. Gott hat uns diese Erde gegeben, dass wir auf ihr die Zeit bestehn. Gott gab uns Hände, damit wir handeln. Er gab uns Füße, dass wir fest stehn. Gott will mit uns die Erde verwandeln, wir können neu ins Leben gehn“.
Margit Rotter, Leiterin des Dekanatsbüros Würzburg