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Kreuzigungsgruppe am Kreuzberg in der Rhön
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Wort zum Wochenende

Offline gehen für die Seele

Die Welt sehnt sich nach Zeiten ohne Handy, so Pfarrerin Kirsten Müller-Oldenburg.

„Haben wir heute auch noch mal freie Zeit? Wir wollen Spielkarten kaufen!“ sagen die Konfirmanden am zweiten Tag unserer Freizeit in Eisenach. Wir waren auf der Wartburg, haben eine Stadtrallye gemacht und einen Spieleabend, aber am ersten Abend haben sie furchtbar gelitten. Denn sie mussten ihre Handys abgeben. Nicht spielend und Musik hörend im Bett liegen … langweilig! Also haben sie Maßnahmen ergriffen, um sich für den zweiten Abend zu wappnen. Und siehe da, alle Jungs saßen zusammen in einem Zimmer, immer drei von ihnen spielten Karten und die anderen feuerten an. Ganz analog und mit direktem Kontakt. Sie hatten viel Spaß und durften natürlich länger aufbleiben.

Der „Offline-Club“ macht – lustigerweise in den sozialen Medien – gerade auf sich aufmerksam. In mehreren niederländischen Städten organisieren die Initiatoren handyfreie Abendveranstaltungen in Kirchen und Pop-Up-Cafés, in denen gelesen, geredet, gespielt, gemalt wird. „Ohne Smartphone gemeinsam abhängen“ ist die Devise. 250.000 Follower interessieren sich auf Instagram für diesen Trend.

Kürzlich war ich bei einem Meditationswochenende im evangelischen Kloster auf dem Schwanberg. Zwei Tage offline, gemeinsam im Schweigen.

Die Welt sehnt sich nach Zeiten ohne Handy, doch gleichzeitig schaffen es die wenigsten, das durchzuhalten. „Nur schnell noch die Mails checken“ – was Tim Bendzko vor Jahren besungen hat, ist Alltag für uns geworden.

Wenn ich offline bin, fällt es mir schwer, nicht zu wissen, was in der Welt passiert, wer mich vielleicht erreichen wollte und wie Status oder Story der anderen auf sozialen Medien sind. Ich muss dann mit meiner ganzen Aufmerksamkeit bei mir selbst, bei meinem Gegenüber bleiben. Das sind wir nicht mehr gewöhnt.

Gleichzeitig wissen wir, dass viele sich durch die Flut von Informationen aus dem Netz überfordert fühlen. Das Gehirn muss alles schnell filtern und verarbeiten. Die Bilder sind eindrücklich, aber jeder Eindruck braucht eigentlich auch einen Ausdruck, um verarbeitet zu werden. Zeit, über das zu reden, was mich beschäftigt und vielleicht kreativ zu werden wie im Offline-Club, stärkt das Gefühl, selbst tätig zu sein. Ich bin dann nicht mehr passive Konsumentin, sondern ich bin aktiv.

Spirituelle Angebote wie Meditationsabende in der KHG oder Meditation am Morgen in St. Stephan schaffen Räume, um die Seele offline zu schalten von all dem Trubel. Das Einzige, was dabei wieder in Flatrate online geht, ist die Verbindung zu Gott.

Kirsten Müller-Oldenburg, Pfarrerin in Eisingen, Kist und Waldbrunn und Beauftragte für christliche Spiritualität im Dekanat Würzburg