"I have a dream", dieser berühmt gewordene Satzanfang stammt aus einer Rede von Martin Luther King, der am 14. Oktober 1964 den Friedensnobelpreis zugesprochen bekam.
Martin Luther King war Pfarrer einer baptistischen Gemeinde in den USA und Bürgerrechtler. Sein Widerstand gegen Ungerechtigkeit und sein selbstloser Einsatz für die Schwachen der amerikanischen Gesellschaft fanden in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts viele Anhänger. Sein gewaltfreier Kampf für gleiche Rechte und bessere Lebensbedingungen für alle Menschen, egal welcher Hautfarbe und Kultur machte ihn weit über die Grenzen Amerikas bekannt.
Auch fast 60 Jahre nach seinem Tod sind die Grundsätze, die Martin Luther King in seinem Handeln geleitet haben, immer noch aktuell. Er hatte den Traum, dass die Gräben, die sich zwischen einzelnen Menschen und in einer ganzen Gesellschaft auftun, überbrückt werden können. King war nicht nur ein Träumer, sondern er lebte diesen Traum ganz konkret.
Dabei waren es drei Leitgedanken, die sein Handeln bestimmten: Erstens: Verlasse Dich nie auf Gerüchte! Informiere Dich möglichst genau! Zweitens: Versuche Dein Gegenüber zu gewinnen und nicht zu besiegen. Der Begriff Sieg gehört in den Boxring. Bei einem Sieg bleibt immer eine der Parteien auf der Strecke. Drittens: Strebe die Versöhnung mit Deinem Gegenüber an. Versöhnung ist keine Verwöhnung, sondern sie ist das Ergebnis harter Anstrengungen.
Diese Sätze sind für mich heute so aktuell wie damals. Bin auch ich bereit, mich umfassend zu informieren oder verlasse ich mich eher auf Gerüchte und informiere mich nur noch in meiner eigenen Blase? Geht es mir nur darum, den Sieg in einer Diskussion durch die besseren Argumente davonzutragen oder will ich mein Gegenüber überzeugen und für meine Argumente gewinnen? Bin ich bereit, die Hand zur Versöhnung auszustrecken, auch wenn es mich Anstrengung und Überwindung kostet?
Wir leben in einer Zeit, in der viel von Spaltung die Rede und die Sorge groß ist, dass unterschiedliche Meinungen und Positionen immer unversöhnlicher aufeinanderprallen. Die Leitgedanken Martin Luther Kings fordern mich heraus, Brücken zu Menschen mit anderer Meinung zu suchen oder gar zu bauen. Und sie machen mir gleichzeitig Mut, es immer wieder zu versuchen. Denn er hat damit Menschen bewegt, hat Menschen aus der Ecke der Unversöhnlichkeit herausgeholt und zusammengebracht.
Horst Sauer ist Pfarrer in der Evangelisch-Lutherischen gebärdensprachlichen Kirchengemeinde in Bayern und erteilt Religionsunterricht am Berufsschulzentrum Kitzingen-Ochsenfurt.